Lernern von den Profis

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E-MTB Fahrtechniktraining: Lernen von den Profis

“Am Gipfel fängt der Berg für uns erst an!”

Der passionierte Mountainbiker und ÖRV Instruktor Romeo Domic ist Inhaber der MTB-Fahrtechnikschule EasyBike Tirol. Seit 2017 schult er in seinen Kursen motivierte Mountainbiker und bringt ihnen oft das “Radfahren” neu bei. Im Interview verrät er, was beim Umstieg vom normalen MTB auf das E-Bike zu beachten ist und warum auch erfahrene Biker von einem E-MTB-Fahrtechniktraining profitieren.

Romeos Motto lautet: “Am Gipfel fängt der Berg für uns erst an!” Das sagt schon viel über seine Einstellung zum Biken aus. Er wuchs in Kroatien auf und entdeckte dort das Mountainbiken für sich. “Wenn ich mit meinem Rad in den Bergen unterwegs war, lag mein Fokus nicht nur auf dem Überwinden von Steilrampen hinauf zum Gipfel. Wichtiger war mir vor allem das Erlebnis der Abfahrt.”, erzählt er. Mit dem Umstieg auf das E-MTB hat sich für den 48-Jährigen daran nichts geändert.

Gute Laune nach jedem Fahrtechniktraining ist garantiert, dafür sorgt der passionierte Mountainbike Instruktor Romeo Domic, Inhaber der MTB-Fahrtechnikschule EasyBike Tirol (links).

Romeo, was macht für dich die Faszination am E-Mountainbiken aus?

Die Zeiten, in denen das E-MTB ein Rentnergefährt war, sind längt vorbei. Das E-MTB eröffnet vielen jungen Sportlern, die nicht im Ausdauersport angesiedelt sind, die Möglichkeit, mit niedrigem Puls Höhenmeter zu fressen. Bergab können sie dann auf den Trails ihre Kraftausdauer und Schnelligkeit trainieren. Nicht umsonst fahren viele Leistungssportler aus den Schnellsportarten E-MTB, denn hier bestimme ich den Puls und nicht das Gelände!

Welche Tipps kannst du jemandem geben, der vom konventionellen MTB auf ein E-MTB umsteigt?

Ich würde das gar nicht als Umstieg bezeichnen. Es ist vielmehr eine Erweiterung der Möglichkeiten eines Mountainbikes. Den Leuten sollte klar sein, dass ein E-MTB alles kann, was mein analoges Bike auch kann, nur um einiges besser!

Inwiefern?

Dazu ein einfaches Beispiel aus meiner eigenen Erfahrung. An einer Steilstufe mit losem Geröll, bei der ich mit Puls 190 kurz vorm Übergeben absteigen und schieben muss, fahre ich mit dem Zusatzschub des Motors einfach weiter. Mein Puls ist dann zwar auch bei 190 und mir hängt die Zunge aus dem Hals, aber ich muss nicht aus dem Sattel. Beim bergab Fahren sind für mich die mächtige Bremsanlage und die satte Fahrwerkabstimmung die größten Vorteile. Das E-MTB wiegt ein paar Kilo mehr, was im Verhältnis zum Gesamtgewicht nicht wirklich viel ausmacht, aber das spürt man. Man fühlt, dass das Bike satter im SAG, also im Negativfederweg, liegt und daher nicht nur Bodenwellen, sondern auch Schlaglöcher viel besser schluckt.

In den Kursen erlernt man unter anderem die richtige Grundposition, welche die Basis für alle fahrtechnischen Situationen bildet, die man mit seinem Bike meistern im Gelände muss.

Was lerne ich bei einem E-MTB-Fahrtechnikkurs?

In unseren Kursen geht es zunächst um das Erlernen der richtigen Grundposition. Sie bildet die Basis für alle Situationen, die man mit seinem Bike meistern muss. Übergreifend geht es bei den Trainings darum, das Handling des etwas schwereren Bikes kennenzulernen. Wir machen zunächst Balanceübungen und üben die richtige Gewichtsverlagerung, richtiges Bremsen und Schalten und die optimale Kurventechnik. Außerdem vermitteln wir verschiedene Techniken, wie man Hindernisse wie Steilstufen bergauf und bergab überwindet, sicher durch enge Kehren und Spitzkehren kommt und das Vorder- und Hinterrad anhebt und versetzt.

Wie wichtig ist denn eine gute Fitness fürs E-Biken?

Wenn man den Sport etwas intensiver betreibt und mehrmals pro Woche zum Mountainbiken geht, muss man unweigerlich auch an ausgleichende Belastungen denken. Denn stereotype Bewegungen sind in keinem Sport auf Dauer gut. Ich setze mich zum Beispiel ein Mal pro Woche auf mein Gravelbike. Durch die andere Sitzposition und Streckenwahl belaste ich meine Rumpfmuskulatur ganz anders als auf dem Mountainbike. Generell ist eine gute Rumpfstabilität fürs Mountainbiken wichtig. Durch Übungen mit eigenem Körpergewicht lassen sich die wichtigsten Muskelgruppen prima trainieren. Auch solche Tipps und Anregungen sind bei uns Bestandteil des Fahrtechniktrainings.

Das E-MTB ist immer noch ein Mountainbike und so soll man es auch nutzen. In den Kursen geht es darum, den wechselseitigen Einfluss von Biker und Bike kennenzulernen, um anschließend an den Details der Fahrtechnik zu arbeiten.

Was muss ich bei meinen ersten E-Bike-Touren besonders beachten?

Die ersten Touren sollte man nicht zu lang ansetzen und zuerst einmal herausfinden, wie hoch die Reichweite der Mensch-Maschine Kombination ist. Nach den ersten Touren bekommt jeder ein gutes Gefühl dafür. Falls die Tour über mehrere Tage geht, muss man zusätzlich Ladestationen einplanen. Viele DAV Hütten verweigern ausdrücklich das Laden der E-MTBs und sind somit keine Basis für die Übernachtung auf einer mehrtägigen Tour.

Das E-MTB ist immer noch ein Mountainbike und so soll man es auch nutzen. Das heißt in Praxis: Richtige Trittfrequenz fahren, zuerst den kleineren Gang einlegen, dann erst die Unterstützungsstufen erhöhen. Beim bergab Fahren die Unterstützung ganz rausnehmen. Außerdem sollte man die Schiebefunktion im Flachen vorab testen, um sich so an das Handling im Gelände zu gewöhnen. Und bei einem neuen Bike unbedingt die Bremsanlage gut einbremsen wie bei jedem MTB.

In der Gruppe macht Mountainbiken am meisten Spaß, das gilt auch für die Fahrtechnikkurse. Gemeinsam werden Schlüsselstellen begutachtet, bevor die Herausforderung in Angriff genommen wird.

Hast du sonst noch Tipps für jemanden, der mit dem Gedanken spielt, sich ein E-MTB zuzulegen?

Wer sich ein E-MTB kauft, muss im Gegensatz zu einem konventionellen Bike keinen Kompromiss eingehen. Denn klassische Mountainbikes, die durch ihre Geometrie bergauf sehr gut funktionieren, haben bergab Nachteile. Das ist beim E-MTB anders. Hier kann ich mich bewusst für eine abfahrtsorientierte Geometrie entscheiden und komme dank der Unterstützung auch steile Auffahrten hoch. Vor der Kaufentscheidung sollte man sich gut informieren und herausfinden, welche Art von Antrieb für mich der Richtige ist: sportlich, dezent oder spürbare Power. Mir ist bei einem E-Bike wichtig, dass der Charakter des Mountainbikes erhalten bleibt. Das Bike soll mich nicht bevormunden, ich will den Schub haben, wenn ich es entscheide, er muss nicht ständig präsent sein. Die Batteriegröße ist meiner Meinung nach nicht entscheidend. Gute Reifen und eine hochwertige Bremsanlage sind nach meinen Erfahrungen viel wichtiger als ein gutes Schaltwerk. Wer sich ein E-MTB zulegt, sollte wissen, dass der Verschleiß an der Bremsanlage und der Kette höher ist, als man es vom normalen Bike gewohnt ist. Dabei ist die Kette das Bauteil, das am meisten leidet. Sie überträgt die Kraft der Beine und des Motors auf das Hinterrad. Wer bei einem E-MTB unter Volllast schaltet, riskiert häufig einen Kettenriss. Bremsanlage und Kette prüfe ich bei meinem E-MTB vor jeder Tour.

 

Original veröffentlicht auf Rotwild-seite:

https://www.rotwild.de/community-news/news-blog/single/news/e-mtb-fahrtechniktraining-lernen-von-den-profis/

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